Wir laden herzlich ein
"FABRICS of the VISUAL"
Eröffnung DI 19. September, 13 - 22 Uhr
KATHARINA HALUSA
SOPHIA PATZER
ANNA CARINA ROTH
SABINE MARIA SCHARF
MAGDALENA STÜCKLER
kuratiert von Käthe Hager von Strobele
Parallel Vienna 2017
Alte Sigmund Freud Universität
Schnirchgasse 9A
1030 - Wien
Ausstellungdauer
19. bis 24. September 2017
Mittwoch (20.09.) 15:00 – 22:00 Uhr
Donnerstag, Freitag (21-22.09.) 12:00 – 20:00 Uhr
Samstag, Sonntag (23.-24.09.) 11:00 – 19:00 Uhr
„Fabrics of the Visual“
Der Übergang der analogen zur digitalen Photographie erwies sich in mehrfacher Hinsicht als ungemein produktiv: Zahlreiche künstlerische Arbeiten entstehen in der Gegenüberstellung dieser beiden Gebrauchsmedien und stellen den am Aktuellen orientierten, selbstreflexiven Bedeutungsgehalt des Mediums Photographie immer wieder von Neuem unter Beweis. Jenseits der reinen Abbildungsfunktion konzentriert sich die künstlerische Praxis hierbei vor allem auf das analoge Trägermaterial der Photographie und deren kulturhistorischen Implikationen.
Parallel hierzu erfährt gegenwärtig das Medium Textil in mannigfaltigen installativen Raumkunstwerken ein Revival. Das Textil ist ein ebenso einfaches, als auch kostbares oder flexibles Material, dessen eigenständige und alltägliche Erscheinungsformen stets auch im Kontext mit der Photographie stehen. Dem historischen Gebrauch als bildgebendes Display und Medium der Malerei steht eine eigenständige Materialästhetik gegenüber.
Hierbei verstärkt die künstlerische Interaktion der Medien Photographie und Textil eine künstlerische Tendenz, welche die Aufmerksamkeit hin zum Material selbst lenkt.
Neben ihrem gesellschaftlichen Gebrauch, rückt nun insbesondere die Visualität als Textur und materielle Oberfläche ins Zentrum, welche den BetrachterInnen in den Arbeiten der Künstlerinnen an folgenden visuellen Knotenpunkten begegnet:
Der Abdruck im Material selbst: Gleichsam eines Negativs prägt sich in Magdalena Stücklers Arbeit „4Mano“ ( 2017) die eigene Hand in eine textile Vorlage ein. Eine abstrakt wirkende Form entsteht, welche im wiederholenden Prozess der Ein- und Abformung photographisch festgehalten wird, bis sie sich zu ihrem fragmentarischen Abbild hin auflöst. Die eigene Hand dient der Künstlerin als vermittelndes Element zwischen Spur und Prozessabbildung. Durch die erneuten Aufnahmen am textilen und photographischen Material selbst, erlischt die Individualität der Hand, sie wird zur Spur einer vergangenen Ähnlichkeit.
In „1M“ (2017) verweist Stückler auf das mögliche sichtbare Aufeinandertreffen von Raum und Zeit, mit der jede/r Einzelne von uns tagtäglich in Beziehung steht. Individuelles Erleben und technische Hilfsmittel stehen stets in einer Wechselbeziehung, die in ihrer Videoarbeit mittels eines 1 x 1 m großen Rasters demonstriert wird. Das Video, welches auf großes Textil mit aufgemalten Rasterpunkten proijeziert wird, zeigt eine Performerin, die ein loses Raster im Abstand von 10 cm mit dem Einsatz ihrer Handflächen und Finger Punkt um Punkt nach ihrer individuellen Empfindung mit einem Stift ergänzt. Sie benutzt nur ihren Körper als Maß der Bemessung und erfühlt dabei visuell den Raum und die Zeit der vorgegebenen Fläche von „1M“. An den Rasterknotenpunkten der textilen Oberfläche treten der individuell erfühlte Raum der Performerin und deren Projektion in einen Dialog mit den BetracherInnen.
Das mediale Gewebe als sozialer Oberfläche und Plattform der Interaktion: In der Installation „fabric of (a) society“ ( 2017) untersucht Sabine Scharf die Wirkmächte unserer Gesellschaft. In ihren Photographien „MenschMachtRaum“ (2016) porträtiert die Künstlerin urbane Lebensräume unter ihren Verhältnissen, Strukturen, Normen und Habitusformen gegenwärtiger sozialer Beziehungen.
Als lose an der Wand aufgeklebte Einzelbilder verlaufen ihre Beziehungslinien ähnlich
einem textilen Gewebe. Ihre feinen Linien und Fäden verzweigen sich nach unsichtbaren Ordnungen und treten in wohlbekannten Mustern an die Oberfläche. Ein gewebter Schal, entrissen aus seinem Kontext, wird im Kontrast zu einem leeren Rahmen präsentiert, welcher auf die Funktion der Kontrolle im sozialen Gewebe und die bereits ursprünglich anmutende Präsentationsform der „Photographie im Rahmen“ aus dem analogen Zeitalter Bezug nimmt.
Auf der Oberfläche der „zweiten“ Haut begegnen sich die Texturen von Architektur und Kleidung in den Photographien von Sophia Patzer. Wie durch ein Band werden in ihren photographische Bildserien „in einer leisen Welt“ und „fragile“
(2015 – 2017) Einzelbilder zu szenischen Bildgeweben verdichtet. Photographien von Texturen aus dem Innen- und Außenraum, sowie am Körper getragene Kleidungsstücke lassen den Blick frei auf einen psychischen Innenraum treffen, der fern von jeder objektivierbaren Zeitlichkeit liegt. Patzers analog aufgenommene Photographien vermitteln Verhaltens- und Verhältnisstrukturen, welche formal durch die Komposition des Ausschnitts ihre Charakteristik der Eigenzeitlichkeit tragen. Die abgebildeten Personen, die in intimen Momenten porträtiert wurden, lassen den Raum frei für Projektionen, ihre skulptural anmutenden Charakterzüge werden Teil einer Bildarchitektur und seiner psychischen Reflexionen.
Das Konservieren von Geschichte im photographischen und textilem Material selbst: In Katharina Halusas photographischer Installation „Giovanni“ (2017) dokumentieren Textilien und Gebrauchsgegenstände den seit 1966 unveränderten Bestand des Hotels Vulcania. Die photographischen Stillleben von Stühlen, Decken und Betten des Hotelinterieurs sind durch einen einheitliche Stil geprägt, der durch seine funktionale
Qualität weniger vom Zerfall in der Zeit, als vielmehr von deren Fixierung zeugt.
Neben einer Postkarte aus dem privaten Archiv der Künstlerin, welche als menschliche
Spur auf die vielen möglichen individuellen Geschichten im Hotel verweist, verkörpert das echte Stillleben im Ausstellungsraum auf die Eigenwilligkeit von Zeit und der Möglichkeit ihrem Verlauf zu entrinnen.
Der intime bzw. öffentliche Gebrauch von Photographie und Textilien offenbart sich in Anna Carina Roths photographischen Installation „ to lay bare: between sheets and walls“
( 2017). Schicht für Schicht akkumulieren sich Decken, Kissen und Bezüge an den Fenstern der Fassaden des öffentlichen Raumes. Ähnlich einem Porträt werden diese in ihren Formen und Falten zu photographischen Einzelbildern fixiert. Erst ihre Inszenierung zu einem photographischen Tableau, lässt die formalen Verwandtschaftsbeziehungen jenseits ihres privaten Kontextes erkennen. In Anknüpfung an die Serie wird im Ausstellungsraum eine Bettdecke einer unbekannten Personen installativ in Beziehung gestellt. Dadurch entsteht eine temporäre Inszenierung, die in ihren wiederholenden Strukturen scheinbar banale Alltagsbeobachtungen entlang der innewohnenden Strukturen und Beziehungen
hinterfragen lässt.
Text: Käthe Hager von Strobele
Magdalena Stückler: "1M", Videoinstallation, 2017
Sabine Maria Scharf: "MenschMachtRaum", 2017
Sophia Patzer: "Conclusio", SW Print, 2017
Katharina Halusa: "Giovanni", Photo C-Print, 2017
Anna Carina Roth, "to lay bare? : between sheets and walls", 2017